Datenschutz in Jobcentern und Arbeitsagenturen: Unterschied zwischen den Versionen

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Hinweise und Hilfestellungen aus dem [https://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Publikationen/Taetigkeitsberichte/TB_BfDI/24TB_11_12.html 24. Tätigkeitsbericht] des [https://www.bfdi.bund.de Bundesdatenschutzbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit] (BfDI).
Hinweise und Hilfestellungen aus dem [https://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Publikationen/Taetigkeitsberichte/TB_BfDI/24TB_11_12.html 24. Tätigkeitsbericht] der [https://www.bfdi.bund.de Bundesdatenschutzbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit] (BfDI).


== Erhebung und Speicherung von Unterlagen ==
== Erhebung und Speicherung von Unterlagen ==
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Bei Anträgen auf Arbeitslosengeld II müssen die dazu erforderlichen Unterlagen vorgelegt werden, um die Anspruchsvoraussetzungen nach den {{p|juris|sgb_2|7|§§ 7 ff. SGB II}} feststellen zu können, was auch die Überprüfung der Identität einschließt ({{p|juris|sgb_1|60|§ 60 Absatz 1 Nummer 3}} i.V.m. {{p|juris|sgb_1|61|§ 61 SGB I}}). Zur Kontrolle der Personalien können die Mitarbeiter der Jobcenter auch die Vorlage eines gültigen Passes oder Personalausweises verlangen, da die Daten des Personalausweises, insbesondere die aktuelle Wohnanschrift, mit den Angaben im Antrag übereinstimmen müssen. Eine Kopie des Dokuments in der Akte ist aber zur Identifizierung und Aufgabenerfüllung nicht [[Erforderlichkeit|erforderlich]]. Vielmehr genügt ein dort oder auf dem Antragsformular anzubringender Vermerk, dass der aktuelle Personalausweis oder ein anderes Ausweisdokument vorgelegen hat.  
Bei Anträgen auf Arbeitslosengeld II müssen die dazu erforderlichen Unterlagen vorgelegt werden, um die Anspruchsvoraussetzungen nach den {{p|juris|sgb_2|7|§§ 7 ff. SGB II}} feststellen zu können, was auch die Überprüfung der Identität einschließt ({{p|juris|sgb_1|60|§ 60 Absatz 1 Nummer 3}} i.V.m. {{p|juris|sgb_1|61|§ 61 SGB I}}). Zur Kontrolle der Personalien können die Mitarbeiter der Jobcenter auch die Vorlage eines gültigen Passes oder Personalausweises verlangen, da die Daten des Personalausweises, insbesondere die aktuelle Wohnanschrift, mit den Angaben im Antrag übereinstimmen müssen. Eine Kopie des Dokuments in der Akte ist aber zur Identifizierung und Aufgabenerfüllung nicht [[Erforderlichkeit|erforderlich]]. Vielmehr genügt ein dort oder auf dem Antragsformular anzubringender Vermerk, dass der aktuelle Personalausweis oder ein anderes Ausweisdokument vorgelegen hat.  


Dies entspricht auch der Auffassung der Bundesagentur für Arbeit (vgl. „HEGA 01/12 – 08 – Empfehlungspaket zum Aufbau und Führen einer Leistungsakte“, ab 20.03.2013 HEGA 03/13 - 09 [http://www.arbeitsagentur.de/web/content/DE/Veroeffentlichungen/Weisungen/Arbeitnehmer/Detail/index.htm?dfContentId=L6019022DSTBAI432076]) und der für die Jobcenter in der Rechtsform der zugelassenen kommunalen Träger (Optionskommunen) zuständigen [[LfD|Datenschutzbeauftragten der Länder]], wie eine schriftliche Umfrage unter den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 31. Januar 2012 bestätigt hat.
Dies entspricht auch der Auffassung der Bundesagentur für Arbeit (vgl. „HEGA 01/12 – 08 – Empfehlungspaket zum Aufbau und Führen einer Leistungsakte“, ab 20.03.2013 HEGA 03/13 - 09<ref>[http://www.arbeitsagentur.de/web/content/DE/Veroeffentlichungen/Weisungen/Arbeitnehmer/Detail/index.htm?dfContentId=L6019022DSTBAI432076 HEGA 03/13 - 09] - Hinweise zum Aufbau und Führen einer Leistungsakte und verbindliche Regelungen zu den Aufbewahrungsfristen im Rechtskreis SGB II, zuletzt abgerufen am 29.11.2014</ref>) und der für die Jobcenter in der Rechtsform der zugelassenen kommunalen Träger (Optionskommunen) zuständigen [[LfD|Datenschutzbeauftragten der Länder]], wie eine schriftliche Umfrage unter den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 31. Januar 2012 bestätigt hat.




====  Kontoauszüge ====
====  Kontoauszüge ====


Die Vorlage der Kontoauszüge darf das Jobcenter bei der Beantragung von Leistungen nach dem {{p|juris|sgb_2||SGB II}} regelmäßig für einen zurückliegenden Zeitraum von drei Monaten verlangen, gleichgültig, ob es sich um einen Erstantrag, einen Folgeantrag oder eine einmalige Leistung handelt (Urteil des BSG vom 19. Februar 2009, B 4 AS 10/08 R [https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=88505]).
Die Vorlage der Kontoauszüge darf das Jobcenter bei der Beantragung von Leistungen nach dem {{p|juris|sgb_2||SGB II}} regelmäßig für einen zurückliegenden Zeitraum von drei Monaten verlangen, gleichgültig, ob es sich um einen Erstantrag, einen Folgeantrag oder eine einmalige Leistung handelt<ref>[https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=88505 Urteil des Bundessozialgerichtes vom 19.02.2009, Az. B 4 AS 10/08 R], zuletzt abgerufen am 29.11.2014</ref>.


Auch in Einzelfragen kann die Vorlage von Auszügen erforderlich sein, wenn der Zugang eines Einkommens auf dem Konto zu prüfen ist. Eine weitergehende Verpflichtung, Kontoauszüge für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten einzureichen, kann regelmäßig bei selbständigen Leistungsberechtigten bestehen, da diese die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben des vergangenen Bewilligungszeitraums (i.d.R. sechs Monate, vgl. {{p|juris|sgb_2|41|§ 41 Absatz 1 Satz 4 SGB II}}) nachweisen müssen.  
Auch in Einzelfragen kann die Vorlage von Auszügen erforderlich sein, wenn der Zugang eines Einkommens auf dem Konto zu prüfen ist. Eine weitergehende Verpflichtung, Kontoauszüge für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten einzureichen, kann regelmäßig bei selbständigen Leistungsberechtigten bestehen, da diese die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben des vergangenen Bewilligungszeitraums (i.d.R. sechs Monate, vgl. {{p|juris|sgb_2|41|§ 41 Absatz 1 Satz 4 SGB II}}) nachweisen müssen.  
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==== Darf mein Arbeitsvermittler die Unterlagen für den Ärztlichen Dienst lesen? ====
==== Darf mein Arbeitsvermittler die Unterlagen für den Ärztlichen Dienst lesen? ====


Der „Praxisleitfaden zur Einschaltung des Ärztlichen Dienstes im Bereich des SGB II und SGB III“ [http://www.arbeitsagentur.de/web/content/DE/Detail/index.htm?dfContentId=L6019022DSTBAI431724] der BA regelt, dass Gesundheitsunterlagen im verschlossenen Umschlag einzureichen sind.  
Der „Praxisleitfaden zur Einschaltung des Ärztlichen Dienstes im Bereich des SGB II und SGB III“<ref>[http://www.arbeitsagentur.de/web/content/DE/Detail/index.htm?dfContentId=L6019022DSTBAI431724 HEGA 09/11 - 11] - Praxisleitfaden zur Einschaltung der Fachdienste, [http://www.arbeitsagentur.de/web/wcm/idc/groups/public/documents/webdatei/mdaw/mtaw/~edisp/l6019022dstbai397423.pdf Praxisleitfaden zur Einschaltung des Ärztlichen Dienstes] im Bereich des SGB II und SGB III, zuletzt abgerufen am 29.11.2014</ref> der BA regelt, dass Gesundheitsunterlagen im verschlossenen Umschlag einzureichen sind.  


Die in den Agenturen für Arbeit tätigen Fachkräfte sind nicht dafür ausgebildet, medizinische Unterlagen auszuwerten. Dies ist Aufgabe des Fachpersonals des Ärztlichen Dienstes. Für den Ärztlichen Dienst eingereichte Unterlagen, die sensible Daten enthalten, gehören nicht in die Hände der Arbeitsvermittler und dürfen ohne [[Einwilligung]] der Betroffenen weder geöffnet noch eingesehen werden.
Die in den Agenturen für Arbeit tätigen Fachkräfte sind nicht dafür ausgebildet, medizinische Unterlagen auszuwerten. Dies ist Aufgabe des Fachpersonals des Ärztlichen Dienstes. Für den Ärztlichen Dienst eingereichte Unterlagen, die sensible Daten enthalten, gehören nicht in die Hände der Arbeitsvermittler und dürfen ohne [[Einwilligung]] der Betroffenen weder geöffnet noch eingesehen werden.
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Mit den schriftlichen Hinweisen auf das [[Widerspruchsrecht]] kommen die Jobcenter ihrer Pflicht nach § 76 Absatz 2 Nummer 1 SGB X nach. Der Gesetzgeber hat in seiner Begründung zum 2. Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs (2. SGBÄndG vom 18. Juni 1993) ausgeführt, der letzte Halbsatz in § 76 Absatz 2 Nummer 1 SGB X sei eingefügt worden, um klarzustellen, dass der Betroffene nur in allgemeiner Form auf sein Widerspruchsrecht hinzuweisen ist (vgl. Bundestagsdrucksache 12/5187 zu § 76 SGB X [http://pdok.bundestag.de/extrakt/ba/WP12/961/96128.html]).
Mit den schriftlichen Hinweisen auf das [[Widerspruchsrecht]] kommen die Jobcenter ihrer Pflicht nach § 76 Absatz 2 Nummer 1 SGB X nach. Der Gesetzgeber hat in seiner Begründung zum 2. Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs (2. SGBÄndG vom 18. Juni 1993) ausgeführt, der letzte Halbsatz in § 76 Absatz 2 Nummer 1 SGB X sei eingefügt worden, um klarzustellen, dass der Betroffene nur in allgemeiner Form auf sein Widerspruchsrecht hinzuweisen ist (vgl. Bundestagsdrucksache 12/5187 zu § 76 SGB X<ref>[http://pdok.bundestag.de/extrakt/ba/WP12/961/96128.html Basisinformationen über den Vorgang] Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Sozialgesetzbuchs über den Schutz der Sozialdaten sowie zur Änderung anderer Vorschriften (Zweites Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs - 2. SGBÄndG) (G-SIG: 12020515), zuletzt abgerufen am 29.11.2014</ref>).
 


== Dürfen Jobcenter Daten aus sozialen Netzwerken verwenden? ==
== Dürfen Jobcenter Daten aus sozialen Netzwerken verwenden? ==
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Diese Grundsätze zur Wahrung des Sozialgeheimnisses nach § 35 SGB I gegenüber einem Vermieter durch die Jobcenter hat auch die aktuelle Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25. Januar 2012 (Az. B 14 AS 65/11 R 1 [https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=152514]) bestätigt. Wie das BSG darin feststellt, ist der Bezug von Arbeitslosengeld II ein Sozialdatum, dessen Offenbarung durch ein Jobcenter nur zulässig ist, wenn der Leistungsbezieher eingewilligt hat oder eine gesetzliche Offenbarungsbefugnis vorliegt.
Diese Grundsätze zur Wahrung des Sozialgeheimnisses nach § 35 SGB I gegenüber einem Vermieter durch die Jobcenter hat auch die aktuelle Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25. Januar 2012 (Az. B 14 AS 65/11 R 1<ref>[https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=152514 Urteil des Bundessozialgerichtes vom 25.01.2012, Az. B 14 AS 65/11 R], zuletzt abgerufen am 29.11.2014</ref>) bestätigt. Wie das BSG darin feststellt, ist der Bezug von Arbeitslosengeld II ein Sozialdatum, dessen Offenbarung durch ein Jobcenter nur zulässig ist, wenn der Leistungsbezieher eingewilligt hat oder eine gesetzliche Offenbarungsbefugnis vorliegt.




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Die BA darf diese Daten nach {{p|juris|sgb_3|176|§§ 176 ff. SGB III}} i.V.m. der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung erheben. Die Kenntnis dieser Daten ist erforderlich, um eine ordnungsgemäße Maßnahmedurchführung durch entsprechend geeignetes und qualifiziertes Personal zu gewährleisten.
Die BA darf diese Daten nach {{p|juris|sgb_3|176|§§ 176 ff. SGB III}} i.V.m. der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung erheben. Die Kenntnis dieser Daten ist erforderlich, um eine ordnungsgemäße Maßnahmedurchführung durch entsprechend geeignetes und qualifiziertes Personal zu gewährleisten.
== Einzelnachweise ==
[https://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Publikationen/Taetigkeitsberichte/TB_BfDI/24TB_11_12.html 24. Tätigkeitsbericht] des Bundesdatenschutzbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, zuletzt abgerufen am 29.11.2014
[1] [http://www.arbeitsagentur.de/web/content/DE/Veroeffentlichungen/Weisungen/Arbeitnehmer/Detail/index.htm?dfContentId=L6019022DSTBAI432076 HEGA 03/13 - 09] - Hinweise zum Aufbau und Führen einer Leistungsakte und verbindliche Regelungen zu den Aufbewahrungsfristen im Rechtskreis SGB II, zuletzt abgerufen am 29.11.2014
[2] [https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=88505 Urteil des Bundessozialgerichtes vom 19.02.2009, Az. B 4 AS 10/08 R], zuletzt abgerufen am 29.11.2014
[3] [http://www.arbeitsagentur.de/web/content/DE/Detail/index.htm?dfContentId=L6019022DSTBAI431724 Praxisleitfaden zur Einschaltung der Fachdienste] (HEGA 09/11 - 11), [http://www.arbeitsagentur.de/web/wcm/idc/groups/public/documents/webdatei/mdaw/mtaw/~edisp/l6019022dstbai397423.pdf Praxisleitfaden zur Einschaltung des Ärztlichen Dienstes] im Bereich des SGB II und SGB III, zuletzt abgerufen am 29.11.2014
[4] [http://pdok.bundestag.de/extrakt/ba/WP12/961/96128.html Basisinformationen über den Vorgang] Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Sozialgesetzbuchs über den Schutz der Sozialdaten sowie zur Änderung anderer Vorschriften (Zweites Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs - 2. SGBÄndG) (G-SIG: 12020515), zuletzt abgerufen am 29.11.2014
[5] [https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=152514 Urteil des Bundessozialgerichtes vom 25.01.2012, Az. B 14 AS 65/11 R], zuletzt abgerufen am 29.11.2014




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[http://www.lda.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.305069.de Ratgeber zu Hartz IV] - Die Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht Brandenburg, Stand August 2012, zuletzt abgerufen am 29.11.2014
[http://www.lda.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.305069.de Ratgeber zu Hartz IV] - Die Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht Brandenburg, Stand August 2012, zuletzt abgerufen am 29.11.2014


== Einzelnachweise ==
<references/>
[[Kategorie:Themen]]
[[Kategorie:Themen]]
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