Personalausweiskopie

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Bis Anfang 2011 wurde das Kopieren von Personalausweisen als grundsätzlich unzulässig angesehen. Das Personalausweisgesetz räumte weder dem Ausweisinhaber noch Dritten die Befugnis ein, das im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stehende Dokument durch Kopieren, Scannen oder sonstige Ablichtung zu vervielfältigen. Eine Ausnahme bestand nur dann, wenn das Anfertigen einer Ausweiskopie in anderen Gesetzen ausdrücklich zugelassen ist, wie beispielsweise in § 8 Absatz 1 Satz 3 des Geldwäschegesetzes (GWG).


Vervielfältigungsverbot

Das grundsätzliche Vervielfältigungsverbot bestand aufgrund der folgenden Erwägungen[1]:

  • zum Schutz des Rechtsverkehrs: Kopien erweckten zwar den Rechtsschein, Abbild des Originals zu sein, ihre inhaltliche Unverfälschtheit stünde aber nicht fest. Ausweiskopien könnten beispielsweise manipuliert oder angebliche Ausweiskopien über einen sog. Personalausweisgenerator im Internet erzeugt werden.
  • zum Datenschutz: Etliche, gerade nicht-öffentliche Stellen archivierten die ihnen übergebenen Ausweiskopien und legten umfangreiche Datenbanken an. Dies sei zu unterbinden. Zudem sei auf dem neuen Personalausweis (nPA) die Zugangsnummer aufgedruckt, die grundsätzlich nur dem Ausweisinhaber bekannt sein soll, durch Kopieren aber in Umlauf geraten könnte.
  • zur Online-Ausweisfunktion des nPA: Zur sicheren Identifizierung in der elektronischen Kommunikation sei der nPA mit der Online-Ausweisfunktion eingeführt worden. Dies stelle eine einfache, sicherere und sinnvolle Alternative dar.


Rechtlich ist das Vervielfältigungsverbot aus dem Eigentum des Bundes an Pässen und Personalausweisen, der Existenz einiger Erlaubnistatbestände sowie indirekt aus § 14 Personalausweisgesetz (PAuswG) ableitbar. Wie in der Begründung des Gesetzgebers nachzulesen ist[2], enthalten die §§ 18 bis 20 PAuswG für nicht-öffentliche Stellen keine Erlaubnis zum Anfertigen von Personalausweiskopien:

§ 14 stellt klar, dass die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten aus oder mithilfe des Ausweises künftig nur über die dafür vorgesehenen Wege erfolgen darf. Dies sind für nichtöffentliche und öffentliche Stellen der elektronische Identitätsnachweis und für zur hoheitlichen Identitätsfeststellung berechtigte Behörden der Abruf der elektronisch gespeicherten Daten einschließlich der biometrischen Daten. Weitere Verfahren z.B. über die opto- elektronische Erfassung („scannen“) von Ausweisdaten oder den maschinenlesbaren Bereich sollen ausdrücklich ausgeschlossen werden.

Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zum Vervielfältigungs- bzw. Kopierverbot existiert freilich nicht[3] - dies führt regelmäßig zu Rechtsunsicherheiten. Spezialgesetzliche Vorschriften wie etwa das Geldwäschegesetz (GWG), das Telekommunikationsgesetz (TKG), die Signaturverordnung (SigV) sowie die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) verlangen die Vorlage einer Ausweiskopie.


Seit März 2011 sieht das BMI im Einzelfall mit folgenden Zulässigkeitsvoraussetzungen eine Ausnahme zur Vervielfältigung von Personalausweisen und Reisepässen, u.a. für den datenschutzrechtlichen Selbstauskunftsanspruch nach § 34 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), als zulässig an[1][4][5]:

  • Die Erstellung einer Kopie muss erforderlich sein. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob nicht die Vorlage des Personalausweises oder Reisepasses und ggf. die Anfertigung eines entsprechenden Vermerks (z.B.: "Pass/Personalausweis hat vorgelegen") ausreichend ist.
  • Die Kopie darf ausschließlich zu Identifizierungszwecken verwendet werden.
  • Die Kopie muss als solche erkennbar sein.
  • Daten, die nicht zur Identifizierung benötigt werden, können und sollen von den Betroffenen auf der Kopie geschwärzt werden. Dies gilt insbesondere für die auf dem Ausweis aufgedruckte Zugangs- und Seriennummer. Die Betroffenen sind auf die Möglichkeit und Notwendigkeit der Schwärzung hinzuweisen.
  • Die Kopie ist vom Empfänger unverzüglich zu vernichten, sobald der mit der Kopie verfolgte Zweck erreicht ist.
  • Eine automatisierte Speicherung der Pass-/ Ausweisdaten ist nach PassG und PAuswG unzulässig.

Als gleichermaßen zulässig wird die (beglaubigte) Kopie des Personalausweises für ein Auskunftsersuchen gem. § 19 BDSG oder die Verwendung von Ausweiskopien im Kfz-Zulassungsverfahren erachtet[6]


Rechtsprechung

Nicht-öffentliche Stellen

Im Urteil vom 28.11.2013 (Az. 10 A 5342/11[7]) erklärte das Verwaltungsgericht Hannover das Einscannen und Speichern von Personalausweisen durch nicht-öffentliche Stellen für unzulässig. Das VG wies damit die Klage eines Automobillogistikunternehmens gegen die datenschutzrechtliche Anordnung des Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsens ab. Dieser hatte dem Unternehmen auferlegt, das zur Überwachung des Speditionsvorganges eingeführte Einscannen von Personalausweisen zu unterlassen, die damit verbundene Speicherung als rechtswidrig eingestuft und die Löschung der Daten angeordnet. Das Gericht sah diese Untersagung des Speicherns und die Anordnung des Löschens als rechtmäßig an, da „das unbeschränkte Erfassen der Daten - und damit auch das Einscannen und Speichern durch ein Unternehmen -“ nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers untersagt sei. Demnach sei auch die Praxis des Unternehmens zu untersagen; zur Erfüllung des Zwecks des Gesetzes dürften nur so wenig Daten wie möglich in Umlauf gebracht werden[8].

Leitsätze aus dem Urteil:

  1. Soweit die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten aus dem Personalausweis oder mithilfe des Personalausweises betroffen ist, enthalten die Vorschriften des dritten Abschnitts des Personalausweisgesetzes eine abschließende, § 28 BDSG verdrängende Regelung.
  2. Das Scannen und Speichern von Personalausweisen durch nicht öffentliche Stellen ist nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen des Personalausweisgesetzes unzulässig.

Öffentliche Stellen

Das Verwaltungsgericht Köln wies im Urteil vom 13.03.2014 (Az. 13 K 3624/13[9]) eine Klage gegen die Registerbehörde BVA zurück. Diese verlangte als qualifizierte Form des Identitätsnachweises die Vorlage einer amtlich beglaubigten Kopie des Personalausweises / Reisepasses oder die Vorlage eines ausgefüllten amtlichen Antragsformulars mit amtlicher Beglaubigung der Unterschrift durch eine siegelführende Stelle, um einem Auskunftsersuchen gem. des Gesetzes zur Errichtung eines Nationalen Waffenregisters (NWRG) zu entsprechen. Das Gericht sah die Erbringung dieses Identitätsnachweises als gerechtfertigt an. Dies ergebe sich formal aus der Verweisung des §19 Abs.1 Satz 1 NWRG auf das BDSG und materiell aus dem Verbot des § 4 BDSG, Daten unbefugt oder an Unbefugte zu übermitteln. Angesichts des Schutzzweckes verstieße die Verfahrensanforderung, legitimiert durch §19 Abs.1 Satz 4 BDSG, auch nicht gegen das Verbot des Kopierens von Personalausweisen und Reisepässen, das sich aus §14 PAuswG ableitet.


Hinweise der Datenschutzaufsichtsbehörden

Die Aufsichtsbehörden erhalten regelmäßig Beschwerden darüber, dass Unternehmen verschiedenster Branchen darauf bestünden, eine Kopie des Personalausweises des Kunden anzufertigen, um sie zu den Geschäftsunterlagen zu nehmen.

Das Bayerische Landesamt für Datenschutz stellt dazu folgendes fest[10]:

Das Kopieren stellt eine Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß § 3 Abs. 3 und Abs.4 Nr.1 BDSG dar. Diese sind gemäß § 4 Abs. 1 BDSG nur zulässig, wenn sie im Einzelfall auf eine Rechtsvorschrift oder auf eine Einwilligung des Betroffenen gestützt werden können. Mit Blick auf das Eigentum des Bundes an den Personalausweisen ist indessen mindestens zweifelhaft, ob sich die Anfertigung einer Personalausweiskopie alleine auf die Einwilligung des Betroffenen stützen ließe; im Ergebnis wäre damit für die Kopieerstellung eine Rechtsvorschrift als Rechtsgrundlage erforderlich. Als zulässiger Zweck des Kopierens von Personalausweisen kommt gegenüber nicht-öffentlichen Stellen ausschließlich die Identifizierung in Betracht. Soweit im konkreten Fall mangels Einschlägigkeit eines speziellen gesetzlichen Erlaubnistatbestands (wie z.B. §8 Abs.1 Satz 3 Geldwäschegesetz - GwG - oder §95 Abs.4 Telekommunikationsgesetz - TKG) lediglich eine generalklauselartige gesetzliche Datenerhebungsbefugnis - insbesondere § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG - in Betracht kommt, ist sorgfältig zu prüfen, ob die Anfertigung der Kopie tatsächlich „erforderlich“ ist. Betroffene sind darauf hinzuweisen, dass Daten, die nicht zur Identifizierung benötigt werden (darunter insbesondere die auf dem Ausweis aufgedruckte sog. Zugangs- sowie die Seriennummer) auf der Kopie geschwärzt werden können und sollen.

§ 20 PAuswG sehe den Ausweis bei öffentlichen und nicht-öffentlichen Stellen als Identitätsnachweis und Legitimationspapier ausdrücklich vor, zur Dokumentation reichte es aber aus, einen entsprechenden Vermerk anzufertigen, dass der Ausweis vorgelegen habe. Im Einzelfall wird als vertretbar angesehen, die Zusendung einer Personalausweiskopie anzufordern, sofern der Betroffene auf die Möglichkeit der Schwärzung der im konkreten Fall nicht benötigten Daten hingewiesen wurde. Dienten spezialgesetzliche Regelungen (z.B. TKG) zur Überprüfung der Angaben des Betroffenen, müsste die Ausweiskopie unverzüglich nach Feststellung der für den Vertragsabschluss erforderlichen Angaben des Teilnehmers vernichtet werden. Diese Vernichtung trifft nach Ansicht des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen ebenso auf Personalausweiskopien zu Identifizierungszwecken z.B. bei Auskunfteien zu[11].


Nach dem Auskunftsrecht (§ 34 BDSG) dürfen Betroffene einmal im Kalenderjahr unentgeltlich eine Selbstauskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten einholen. Diese Selbstauskunft darf nur an die tatsächlich betroffenen Person erteilt werden. Demzufolge haben die Unternehmen sich zuvor über die Identität der Person Gewissheit zu verschaffen und benötigen dafür Name, Anschrift und das Geburtsdatum der betroffenen Person. Notwendig ist dieser Identitätsnachweis zur Sicherstellung, dass sensible Daten nicht berechtigte Dritte übermittelt werden. Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen weist in diesem Zusammenhang auf Folgendes hin[11]:

Reine Ablichtungen durch Ausweisinhaberinnen und -inhaber selbst oder auf deren Veranlassung zur Verwendung im Rechtsverkehr sind nicht per se untersagt. Ein generelles Vervielfältigungsverbot würde auch zu erheblichen Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung des Auskunftsrechts der Betroffenen nach § 34 BDSG in den Fällen führen, in denen die Vorlage einer Ausweiskopie zum Zwecke des Identitätsnachweises in strittigen Fällen erforderlich ist.

Nach intensiver Erörterung der Frage sind Aufsichtsbehörden und Auskunfteien übereinstimmend der Auffassung, dass jedenfalls in folgenden Fallgruppen grundsätzlich keine Ausweiskopie vorzulegen ist:

  • Die betroffene Person macht ihren Auskunftsanspruch nach § 34 BDSG in einem zeitlichen Zusammenhang zu einer vorherigen Benachrichtigung nach § 33 BDSG geltend (bis zu vier Wochen nach Benachrichtigung).
  • Die Auskunftei hat keine Bonitäts- oder sonstigen Inhaltsdaten zu der betroffenen Person gespeichert.


Sofern Zweifel an der Identität der Auskunftsbegehrenden bestehen, kann die Auskunftei eine Kopie des Personalausweises verlangen, um Übermittlungen personenbezogener Daten an Unbefugte zu verhindern.

Allerdings haben die Auskunfteien darauf hinzuweisen, dass Daten, die für die Identifizierung nicht erforderlich sind, geschwärzt werden können und sollten; dies gilt auch für das Passbild. Neben Name, Anschrift und Geburtsdatum kann zusätzlich die Angabe der Gültigkeitsdauer des Ausweises verlangt werden. Die Angabe des Geburtsortes darf nur verlangt werden, wenn die Auskunftei über ein entsprechendes Referenzdatum verfügt und dieses zur eindeutigen Identifizierung herangezogen werden soll.

Besteht der Verdacht auf eine Anfertigung nicht gerechtfertigter Ausweiskopien oder wird der Personalausweis beispielsweise unberechtigt zur Aufbewahrung verlangt, kann man sich mit einer Beschwerde an die jeweils für Unternehmen und Behörden zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörden wenden. Diese werden den Sachverhalt prüfen und ggf. einschreiten.

Muster eines geschwärzten Personalausweises

Einzelnachweise

  1. ^ a b BMI Neubewertung vom 29. März 2011: Zulässigkeit der Vervielfältigung von Personalausweisen und Reisepässen (PDF)
  2. ^ BR-Drs. 550/08, Bundesrat Drucksache zum Entwurf eines Gesetzes über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis sowie zur Änderung weiterer Vorschriften, Zu § 14 (Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten), S.69
  3. ^ X. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt: 6.1.5 Zulässigkeit von Ausweiskopien
  4. ^ dieDatenschützer Rhein Main: Zulässigkeit der Verwendung von Personalausweiskopien – die Rechtsauffassung des BMI
  5. ^ 41. Tätigkeitsbericht des Hessischen Datenschutzbeauftragten: 2.1.2 Dauerbrenner: Anforderung von Personalausweiskopien
  6. ^ Kopiervorlage Personalausweis, Merkblatt zur Zulässigkeit von Ausweiskopien im Kfz-Zulassungsverfahren (Thüringen), Regelung des Thüringer Ministeriums für Bau, Landesentwicklung und Verkehr v. 09.August 2011, Az.: 43.4-3641/6-2-1
  7. ^ Datenschutzrechtliches Verbot des Scannens von Personalausweisen, VG Hannover 10. Kammer, Urteil vom 28.11.2013, 10 A 5342/11
  8. ^ LfD Niedersachsen: Einscannen und Speichern von Personalausweisen unzulässig, Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Hannover vom 28.11.2013
  9. ^ Verwaltungsgericht Köln, 13. Kammer, Urteil vom 13.03.2014, Az.: 13 K 3624/13
  10. ^ 5. Tätigkeitsbericht des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht: 11.4 Kopieren von Personalausweisen (PDF)
  11. ^ a b 21. Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht 2013 des LDI Nordrhein-Westfalen 5.6 Auskunfteien: Selbstauskunft nur bei Vorlage einer Personalausweiskopie? (PDF)