Datenschutz in der Arbeitswelt: Unterschied zwischen den Versionen

K
Korrektur Funoten
(Vorlage BfDI-Content eingefügt)
K (Korrektur Funoten)
 
Zeile 1: Zeile 1:
Zusammengestellt aus dem 30. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz
Zusammengestellt aus dem 30. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz
Baden-Württemberg 2010/2011 [http://www.thm.de/zaftda/tb-bfdi/doc_download/586-30-tb-lfd-baden-wuerttemberg-201011-15955-vom-01122011]
Baden-Württemberg 2010/2011<ref>[http://www.thm.de/zaftda/tb-bfdi/doc_download/586-30-tb-lfd-baden-wuerttemberg-201011-15955-vom-01122011 30. Tätigkeitsbericht] des Landesbeauftragten für den Datenschutz Baden-Württemberg 2010/2011</ref>


==Fragerecht des Arbeitgebers im Bewerbungsverfahren==
==Fragerecht des Arbeitgebers im Bewerbungsverfahren==
Zeile 111: Zeile 111:
Ob „Antiterrorlisten“ tatsächlich einen nennenswerten Beitrag zur Verhinderung einschlägiger Straftaten leisten können, ist nach wie vor umstritten. Immerhin müssen die Betroffenen mittlerweile aufgrund der Verordnung (EU) 1286/2009 von der EU-Kommission über ihre Aufnahme in die Liste unterrichtet werden und können hierzu auch eine Gegenäußerung abgeben, die dann dem Sanktionsausschuss der Vereinten Nationen zugeleitet wird. Was dort damit geschieht, ist von hier aus ebenso schwer zu beurteilen wie die Frage, wie man überhaupt auf die Liste geraten kann.
Ob „Antiterrorlisten“ tatsächlich einen nennenswerten Beitrag zur Verhinderung einschlägiger Straftaten leisten können, ist nach wie vor umstritten. Immerhin müssen die Betroffenen mittlerweile aufgrund der Verordnung (EU) 1286/2009 von der EU-Kommission über ihre Aufnahme in die Liste unterrichtet werden und können hierzu auch eine Gegenäußerung abgeben, die dann dem Sanktionsausschuss der Vereinten Nationen zugeleitet wird. Was dort damit geschieht, ist von hier aus ebenso schwer zu beurteilen wie die Frage, wie man überhaupt auf die Liste geraten kann.


In der Praxis besteht unabhängig davon eine erhebliche Unsicherheit, wer unter welchen Voraussetzungen einen Datenabgleich mit den Antiterrorlisten vornehmen darf oder gar muss. In Bezug auf die Arbeitswelt halten die obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich („Düsseldorfer Kreis“) einen Abgleich von Mitarbeiterdaten mit „Antiterrorlisten“ durch Unternehmen auf Grundlage von Artikel 2 der Verordnung (EG) Nummer 881/2002 und Artikel 2 der Verordnung (EG) Nummer 2580/2001 für unzulässig. In ihrem Beschluss vom 24. April 2009 [http://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Publikationen/Entschliessungssammlung/DuesseldorferKreis/April09MitarbeiterScreening.html] begründen sie dies damit, dass Unternehmen für einen automatisierten Abgleich ihrer Mitarbeiter mit Listen, die terrorverdächtige Personen und Organisationen enthalten, nur solche Listen verwenden dürfen, für die eine Rechtsgrundlage vorliegt. Die genannten Verordnungen würden aber dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot nicht genügen. Soweit es auf eine Interessenabwägung ankomme, würden die schutzwürdigen Interessen der von einem Datenabgleich betroffenen Mitarbeiter überwiegen. Nicht zuletzt bestünden Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit des Zustandekommens der Listen und unzureichende Rechtschutzmöglichkeiten. Nach einer mit den übrigen Bundesressorts abgestimmten Mitteilung des Auswärtigen Amts gegenüber dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sind Unternehmen und andere Wirtschaftsbeteiligte rechtlich nicht zu einem systematischen, anlassunabhängigen Abgleich ihrer Kunden- und Mitarbeiterdaten verpflichtet. Aufgrund des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bestehe diese Pflicht ausschließlich nach Maßgabe von Sorgfaltspflichten.
In der Praxis besteht unabhängig davon eine erhebliche Unsicherheit, wer unter welchen Voraussetzungen einen Datenabgleich mit den Antiterrorlisten vornehmen darf oder gar muss. In Bezug auf die Arbeitswelt halten die obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich („Düsseldorfer Kreis“) einen Abgleich von Mitarbeiterdaten mit „Antiterrorlisten“ durch Unternehmen auf Grundlage von Artikel 2 der Verordnung (EG) Nummer 881/2002 und Artikel 2 der Verordnung (EG) Nummer 2580/2001 für unzulässig. In ihrem Beschluss vom 24. April 2009<ref>[http://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Publikationen/Entschliessungssammlung/DuesseldorferKreis/April09MitarbeiterScreening.html Beschluss des Düsseldorfer Kreises vom 24. April 2009], Datenschutzrechtliche Aspekte des Mitarbeiter-Screenings in international tätigen Unternehmen</ref> begründen sie dies damit, dass Unternehmen für einen automatisierten Abgleich ihrer Mitarbeiter mit Listen, die terrorverdächtige Personen und Organisationen enthalten, nur solche Listen verwenden dürfen, für die eine Rechtsgrundlage vorliegt. Die genannten Verordnungen würden aber dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot nicht genügen. Soweit es auf eine Interessenabwägung ankomme, würden die schutzwürdigen Interessen der von einem Datenabgleich betroffenen Mitarbeiter überwiegen. Nicht zuletzt bestünden Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit des Zustandekommens der Listen und unzureichende Rechtschutzmöglichkeiten. Nach einer mit den übrigen Bundesressorts abgestimmten Mitteilung des Auswärtigen Amts gegenüber dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sind Unternehmen und andere Wirtschaftsbeteiligte rechtlich nicht zu einem systematischen, anlassunabhängigen Abgleich ihrer Kunden- und Mitarbeiterdaten verpflichtet. Aufgrund des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bestehe diese Pflicht ausschließlich nach Maßgabe von Sorgfaltspflichten.


Erneut wurde das Fehlen der rechtlichen Grundlage im Beschluss vom 22./ 23. November 2011 zum Beschäftigtenscreening bei der AEO-Zertifizierung festgestellt. [http://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Publikationen/Entschliessungssammlung/DuesseldorferKreis/23112011BeschaeftigtenscreeningBegrenzen.html]
Erneut wurde das Fehlen der rechtlichen Grundlage im Beschluss vom 22./ 23. November 2011 zum Beschäftigtenscreening bei der AEO-Zertifizierung festgestellt<ref>[http://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Publikationen/Entschliessungssammlung/DuesseldorferKreis/23112011BeschaeftigtenscreeningBegrenzen.html Beschluss des Düsseldorfer Kreises vom 22./ 23. November 2011], Beschäftigtenscreening bei AEO-Zertifizierung wirksam begrenzen</ref>.




Zeile 119: Zeile 119:




Kritik besteht nach wie vor an den von Zollverwaltungen ohne konkreten Anlass angeordneten pauschalen, massenhaften durchgeführten Beschäftigtenscreenings und der Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom Juni 2012 bezüglich der AEO-Zertifizierungen. [http://www.bfdi.bund.de/DE/Oeffentlichkeitsarbeit/Pressemitteilungen/2012/14_BFHAbgleichTerrorlisten.html] Die Leitsätze des Urteils zur „Sicherheitsüberprüfung der Bediensteten als Voraussetzung für AEO-Zertifikat“ des Bundesfinanzhofes:
Kritik besteht nach wie vor an den von Zollverwaltungen ohne konkreten Anlass angeordneten pauschalen, massenhaften durchgeführten Beschäftigtenscreenings und der Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom Juni 2012 bezüglich der AEO-Zertifizierungen<ref>[http://www.bfdi.bund.de/DE/Oeffentlichkeitsarbeit/Pressemitteilungen/2012/14_BFHAbgleichTerrorlisten.html Der BfDI zum Abgleich mit Terrorlisten]: Bundesfinanzhof billigt Beschäftigtenscreenings, Pressemitteilung nicht mehr verfügbar</ref>. Die Leitsätze des Urteils zur „Sicherheitsüberprüfung der Bediensteten als Voraussetzung für AEO-Zertifikat“ des Bundesfinanzhofes:


{{"|Die Erteilung eines AEO-Zertifikats "Zollrechtliche Vereinfachungen/Sicherheit" darf von der Bedingung abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller in sicherheitsrelevanten Bereichen tätige Bedienstete einer Sicherheitsüberprüfung anhand der sog. Terrorismuslisten der Anhänge der VO (EG) Nr. 2580/2001 und der VO (EG) Nr. 881/2002 unterzieht.|Bundesfinanzhof|Urteil vom 19.6.2012, VII R 43/11|http://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/druckvorschau.py?Gericht&#61;bfh&#38;Art&#61;pm&#38;nr&#61;26517}}
{{"|Die Erteilung eines AEO-Zertifikats "Zollrechtliche Vereinfachungen/Sicherheit" darf von der Bedingung abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller in sicherheitsrelevanten Bereichen tätige Bedienstete einer Sicherheitsüberprüfung anhand der sog. Terrorismuslisten der Anhänge der VO (EG) Nr. 2580/2001 und der VO (EG) Nr. 881/2002 unterzieht.|Bundesfinanzhof|Urteil vom 19.6.2012, VII R 43/11|http://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/druckvorschau.py?Gericht&#61;bfh&#38;Art&#61;pm&#38;nr&#61;26517}}


==[[:Kategorie:Online-Kommentare|Online-Kommentare]]==
==[[:Kategorie:Online-Kommentare|Online-Kommentare]]==
Zeile 128: Zeile 127:


==Einzelnachweise==
==Einzelnachweise==
[1] [http://www.thm.de/zaftda/tb-bfdi/doc_download/586-30-tb-lfd-baden-wuerttemberg-201011-15955-vom-01122011 30. Tätigkeitsbericht] des Landesbeauftragten für den Datenschutz Baden-Württemberg 2010/2011
<references/>
 
[2] [http://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Publikationen/Entschliessungssammlung/DuesseldorferKreis/April09MitarbeiterScreening.html Beschluss des Düsseldorfer Kreises vom 24. April 2009], Datenschutzrechtliche Aspekte des Mitarbeiter-Screenings in international tätigen Unternehmen
 
[3] [http://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Publikationen/Entschliessungssammlung/DuesseldorferKreis/23112011BeschaeftigtenscreeningBegrenzen.html Beschluss des Düsseldorfer Kreises vom 22./ 23. November 2011], Beschäftigtenscreening bei AEO-Zertifizierung wirksam begrenzen
 
[4] [http://www.bfdi.bund.de/DE/Oeffentlichkeitsarbeit/Pressemitteilungen/2012/14_BFHAbgleichTerrorlisten.html Der BfDI zum Abgleich mit Terrorlisten]: Bundesfinanzhof billigt Beschäftigtenscreenings, Pressemitteilung nicht mehr verfügbar
 
[[Kategorie:Arbeitnehmerdatenschutz]]
[[Kategorie:Arbeitnehmerdatenschutz]]
{{BfDI-Content}}
{{BfDI-Content}}
2.817

Bearbeitungen