Arbeitnehmerdatenschutz: Unterschied zwischen den Versionen

keine Bearbeitungszusammenfassung
(Artikel aus Wikipedia Deutschland)
 
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 23: Zeile 23:
Trotz seiner großen praktischen Bedeutung war der Arbeitnehmerdatenschutz in Deutschland bis 2009 gesetzlich nicht expliziert geregelt. Seit 1978 griff die Praxis daher auf die allgemeinen Regelungen des [[Bundesdatenschutzgesetz]]es zurück. Forderungen nach Schaffung eines speziellen Arbeitnehmerdatenschutzgesetzes wurden nicht erfüllt.
Trotz seiner großen praktischen Bedeutung war der Arbeitnehmerdatenschutz in Deutschland bis 2009 gesetzlich nicht expliziert geregelt. Seit 1978 griff die Praxis daher auf die allgemeinen Regelungen des [[Bundesdatenschutzgesetz]]es zurück. Forderungen nach Schaffung eines speziellen Arbeitnehmerdatenschutzgesetzes wurden nicht erfüllt.


In den Jahren 2008/2009 wurde bekannt, dass bedeutende deutsche Unternehmen wie der Lebensmitteldiscounter [[Lidl]] und die [[Deutsche Bahn]] ihre Beschäftigten mit teilweise unzulässigen Methoden überwacht hatten. Besondere Aufmerksamkeit erlangte die [[Überwachungsaffäre der Deutschen Telekom]]. Auf Grund dieser Vorfälle entschied sich die Bundesregierung im Februar 2009, die Arbeit an einem Arbeitnehmerdatenschutzgesetz wieder aufzunehmen.<ref>[http://www.bmi.bund.de/cln_104/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2009/mitMarginalspalte/02/arbeitnehmerdatenschutz.html Bundeskabinett beschließt Grundsatzregelung zum Datenschutz der Arbeitnehmer.] Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums vom 18. Februar 2009.</ref> Als „Sofortmaßnahme“ wurde das Bundesdatenschutzgesetz um {{§|32|bdsg_1990|juris}} ergänzt. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine Regelung zur Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses. Sie trat am 1. September 2009 in Kraft.
In den Jahren 2008/2009 wurde bekannt, dass bedeutende deutsche Unternehmen wie der Lebensmitteldiscounter [[Lidl]] und die [[Deutsche Bahn]] ihre Beschäftigten mit teilweise unzulässigen Methoden überwacht hatten. Besondere Aufmerksamkeit erlangte die [[Überwachungsaffäre der Deutschen Telekom]]. Auf Grund dieser Vorfälle entschied sich die Bundesregierung im Februar 2009, die Arbeit an einem Arbeitnehmerdatenschutzgesetz wieder aufzunehmen.<ref>[http://www.bmi.bund.de/cln_104/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2009/mitMarginalspalte/02/arbeitnehmerdatenschutz.html Bundeskabinett beschließt Grundsatzregelung zum Datenschutz der Arbeitnehmer.] Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums vom 18. Februar 2009.</ref> Als „Sofortmaßnahme“ wurde das Bundesdatenschutzgesetz um § 32 ergänzt. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine Regelung zur Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses. Sie trat am 1. September 2009 in Kraft.


Derzeit bestehen neben dem neuen, seit 1. September 2009 geltenden § 32 BDSG verschiedene bereichsspezifische Vorschriften, die (auch) das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Beschäftigten regeln, beispielsweise im [[Telemediengesetz]], im [[Bundesbeamtengesetz]], in der [[Bildschirmarbeitsverordnung]], im [[Betriebsverfassung]]sgesetz und in den [[Personalvertretungsgesetz]]en. Genetische Untersuchungen im Arbeitsleben sind seit Februar 2010 im [[Gendiagnostikgesetz]] geregelt.
Derzeit bestehen neben dem neuen, seit 1. September 2009 geltenden § 32 BDSG verschiedene bereichsspezifische Vorschriften, die (auch) das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Beschäftigten regeln, beispielsweise im [[Telemediengesetz]], im [[Bundesbeamtengesetz]], in der [[Bildschirmarbeitsverordnung]], im [[Betriebsverfassung]]sgesetz und in den [[Personalvertretungsgesetz]]en. Genetische Untersuchungen im Arbeitsleben sind seit Februar 2010 im [[Gendiagnostikgesetz]] geregelt.
Zeile 67: Zeile 67:
Eine [[Videoüberwachung]] durch den Arbeitgeber stellt wegen des mit ihr verbundenen Überwachungsdrucks einen erheblichen Eingriff in das allgemeine [[Persönlichkeitsrecht]] der betroffenen Arbeitnehmer dar. Deshalb ist sie nur in besonderen Ausnahmefällen zulässig. Anerkannte Gründe für eine zulässige Videoüberwachung sind ein besonderes Sicherheitsbedürfnis (z. B. Videoüberwachung des Schalterraums einer Bank) sowie das Interesse des Arbeitgebers daran, von Arbeitnehmern begangene Straftaten (Diebstähle, Unterschlagungen, Sachbeschädigungen) aufzuklären. Der Arbeitgeber muss die Arbeitnehmer auf die Videoüberwachung hinweisen. Die Videoüberwachung unterliegt zudem der Mitbestimmung des [[Betriebsrat]]s.
Eine [[Videoüberwachung]] durch den Arbeitgeber stellt wegen des mit ihr verbundenen Überwachungsdrucks einen erheblichen Eingriff in das allgemeine [[Persönlichkeitsrecht]] der betroffenen Arbeitnehmer dar. Deshalb ist sie nur in besonderen Ausnahmefällen zulässig. Anerkannte Gründe für eine zulässige Videoüberwachung sind ein besonderes Sicherheitsbedürfnis (z. B. Videoüberwachung des Schalterraums einer Bank) sowie das Interesse des Arbeitgebers daran, von Arbeitnehmern begangene Straftaten (Diebstähle, Unterschlagungen, Sachbeschädigungen) aufzuklären. Der Arbeitgeber muss die Arbeitnehmer auf die Videoüberwachung hinweisen. Die Videoüberwachung unterliegt zudem der Mitbestimmung des [[Betriebsrat]]s.


Das [[Bundesarbeitsgericht]] hat 2003 in einem Grundsatzurteil entschieden, dass auch eine heimliche Videoüberwachung im Einzelfall zulässig sein kann. Voraussetzung sei, dass {{"|der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ausgeschöpft sind, die verdeckte Video-Überwachung praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellt und insgesamt nicht [[Verhältnismäßigkeitsprinzip|unverhältnismäßig]] ist}}. Lägen diese Voraussetzungen vor, komme es nicht mehr darauf an, ob der Betriebsrat der Videoüberwachung vorab zugestimmt habe. <ref>[http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&Datum=2003-3-27&anz=7&pos=2&nr=9238&linked=urt Bundesarbeitsgericht], Urteil vom 27. März 2003, Aktenzeichen 2 AZR 51/02</ref>
Das [[Bundesarbeitsgericht]] hat 2003 in einem Grundsatzurteil entschieden, dass auch eine heimliche Videoüberwachung im Einzelfall zulässig sein kann. Voraussetzung sei, dass "der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ausgeschöpft sind, die verdeckte Video-Überwachung praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellt und insgesamt nicht [[Verhältnismäßigkeitsprinzip|unverhältnismäßig]] ist". Lägen diese Voraussetzungen vor, komme es nicht mehr darauf an, ob der Betriebsrat der Videoüberwachung vorab zugestimmt habe. <ref>[http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&Datum=2003-3-27&anz=7&pos=2&nr=9238&linked=urt Bundesarbeitsgericht], Urteil vom 27. März 2003, Aktenzeichen 2 AZR 51/02</ref>


Eine Videoüberwachung, mit der der Arbeitgeber ganz allgemein kontrollieren will, ob die Arbeitnehmer sich ordnungsgemäß verhalten und die gewünschte Leistung erbringen, ist in jedem Fall unzulässig. Die betroffenen Arbeitnehmer können sich einer derartigen Überwachung durch Arbeitsverweigerung entziehen.
Eine Videoüberwachung, mit der der Arbeitgeber ganz allgemein kontrollieren will, ob die Arbeitnehmer sich ordnungsgemäß verhalten und die gewünschte Leistung erbringen, ist in jedem Fall unzulässig. Die betroffenen Arbeitnehmer können sich einer derartigen Überwachung durch Arbeitsverweigerung entziehen.
Zeile 77: Zeile 77:
Zugangsregeln und Zugriffsregeln gehören zur Datensicherheit unabdingbar dazu. Daher muss sich jeder Nutzer an einem sicheren Netzwerk identifizieren. Ein anonymer Zugriff ist in der regel nicht erlaubt, die Zugriffe auf schutzwürdige und gesicherte Daten und Änderungen daran werden zudem einzeln protokolliert. Das fordert bereits das international genormte Vorgehensmodell nach ISO 15408 ([[Common Criteria]]).
Zugangsregeln und Zugriffsregeln gehören zur Datensicherheit unabdingbar dazu. Daher muss sich jeder Nutzer an einem sicheren Netzwerk identifizieren. Ein anonymer Zugriff ist in der regel nicht erlaubt, die Zugriffe auf schutzwürdige und gesicherte Daten und Änderungen daran werden zudem einzeln protokolliert. Das fordert bereits das international genormte Vorgehensmodell nach ISO 15408 ([[Common Criteria]]).


Regelungen in Bezug auf die Überwachung der PC-Tätigkeiten von Arbeitnehmern finden sich unter Anderem in der [[Bildschirmarbeitsverordnung]] und im [[Betriebsverfassungsgesetz]]. Gemäß Ziffer 22 des Anhangs zur [[Bildschirmarbeitsverordnung]] darf ''„[o]hne Wissen der Benutzer […] keine Vorrichtung zur qualitativen oder quantitativen Kontrolle verwendet werden“''. Damit ist dem Arbeitgeber ein heimlicher Einsatz von Überwachungssoftware und -hardware wie beispielsweise [[Keylogger]]n verboten. {{§|87|betrvg|juris}} Absatz 1 Nr. 6 des Betriebsverfassungsgesetzes bestimmt darüber hinaus, dass ''„Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen“'', der Mitbestimmung des Betriebsrats bzw. im öffentlichen Dienst des [[Personalvertretung|Personalrats]], vgl. §75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG unterliegen.
Regelungen in Bezug auf die Überwachung der PC-Tätigkeiten von Arbeitnehmern finden sich unter Anderem in der [[Bildschirmarbeitsverordnung]] und im [[Betriebsverfassungsgesetz]]. Gemäß Ziffer 22 des Anhangs zur [[Bildschirmarbeitsverordnung]] darf ''„[o]hne Wissen der Benutzer […] keine Vorrichtung zur qualitativen oder quantitativen Kontrolle verwendet werden“''. Damit ist dem Arbeitgeber ein heimlicher Einsatz von Überwachungssoftware und -hardware wie beispielsweise [[Keylogger]]n verboten. § 87 Absatz 1 Nr. 6 des Betriebsverfassungsgesetzes bestimmt darüber hinaus, dass ''„Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen“'', der Mitbestimmung des Betriebsrats bzw. im öffentlichen Dienst des [[Personalvertretung|Personalrats]], vgl. §75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG unterliegen.


Laut einer Umfrage der Jobbörse StepStone vermuten 47 Prozent der befragten deutschen Arbeitnehmer, dass ihre E-Mail- und Internetaktivtitäten vom Arbeitgeber kontrolliert werden. Weitere 29 Prozent wissen nicht, ob sie überwacht werden oder nicht. 24 Prozent der befragten Arbeitnehmer sind sich sicher, dass in ihrem Unternehmen keine Onlineüberwachung erfolgt. <ref>StepStone Survey: "Are eMails and online activities being monitored in your company?" Survey amongst 19.087 European users. <nowiki>http://www.stepstone.de/ueberuns/default.cfm?link=monitored</nowiki> (Link nicht abrufbar)</ref>
Laut einer Umfrage der Jobbörse StepStone vermuten 47 Prozent der befragten deutschen Arbeitnehmer, dass ihre E-Mail- und Internetaktivtitäten vom Arbeitgeber kontrolliert werden. Weitere 29 Prozent wissen nicht, ob sie überwacht werden oder nicht. 24 Prozent der befragten Arbeitnehmer sind sich sicher, dass in ihrem Unternehmen keine Onlineüberwachung erfolgt. <ref>StepStone Survey: "Are eMails and online activities being monitored in your company?" Survey amongst 19.087 European users. <nowiki>http://www.stepstone.de/ueberuns/default.cfm?link=monitored</nowiki> (Link nicht abrufbar)</ref>
45

Bearbeitungen