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# zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen,  
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# zur Wahrnehmung des Hausrechts oder  
# zur Wahrnehmung des Hausrechts oder  
# zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke  
# zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke  
erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.  
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==Zulässigkeit==
==Zulässigkeit==
Nach Absatz 1 der Vorschrift ist das Beobachten öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen nur zulässig, soweit es zur Erreichung eines der drei genannten [[Zweckbindung|Zwecke]] erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der [[Betroffene|Betroffenen]] überwiegen. [[Speichern|Speicherung]], [[Übermitteln|Übermittlung]] und [[Nutzen|Nutzung]] sind in den Absätzen 3, 4 und 5 geregelt.  
Nach Absatz 1 der Vorschrift ist das Beobachten öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen nur zulässig, soweit es zur Erreichung eines der drei genannten [[Zweckbindung|Zwecke]] erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der [[Betroffener|Betroffenen]] überwiegen. [[Speichern|Speicherung]], [[Übermitteln|Übermittlung]] und [[Nutzen|Nutzung]] sind in den Absätzen 3, 4 und 5 geregelt.  


===Beobachtung===
===Beobachtung===
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"Beobachten" enthält begrifflich ein Moment der '''Dauer'''. Diese kann sich durch zeitlich andauernde oder durch wiederholte Aktivität ergeben. Eine einmalige Aktion, etwa die Aufnahme von Straßenfronten durch ein vorbeifahrendes Fahrzeug, genügt nicht. Werden dagegen Aufnahmen in Zeitintervallen gemacht oder durch Bewegungsmelder ausgelöst, so ist von einem Beobachten auszugehen.  
"Beobachten" enthält begrifflich ein Moment der '''Dauer'''. Diese kann sich durch zeitlich andauernde oder durch wiederholte Aktivität ergeben. Eine einmalige Aktion, etwa die Aufnahme von Straßenfronten durch ein vorbeifahrendes Fahrzeug, genügt nicht. Werden dagegen Aufnahmen in Zeitintervallen gemacht oder durch Bewegungsmelder ausgelöst, so ist von einem Beobachten auszugehen.  


Gegenstand der Beobachtung müssen personenbezogene (einschließlich personenbeziehbarer) Daten sein. Dies steht zwar nicht ausdrücklich im Gesetz, ergibt sich aber aus dem Regelungszusammenhang. Die '''Identifizierbarkeit''' einer Person wird sich oft aus der Erkennbarkeit der Gesichtszüge ergeben. Es genügt aber auch, wenn Kleidung, Gepäck oder Körpersprache den Betroffenen bestimmen oder aus dem örtlich-zeitlichen Kontext auf ihn geschlossen werden kann. Nur wenn durch technische Maßnahmen die Erkennbarkeit von Personen ausgeschlossen ist, etwa durch die Einstellung der Bildauflösung, fehlt es an der Erhebung von [[personenbezogene Daten|personenbezogenen Daten]].
Gegenstand der Beobachtung müssen personenbezogene (einschließlich personenbeziehbarer) Daten sein. Dies steht zwar nicht ausdrücklich im Gesetz, ergibt sich aber aus dem Regelungszusammenhang. Die '''Identifizierbarkeit''' einer Person wird sich oft aus der Erkennbarkeit der Gesichtszüge ergeben. Es genügt aber auch, wenn Kleidung, Gepäck oder Körpersprache den Betroffenen bestimmen oder aus dem örtlich-zeitlichen Kontext auf ihn geschlossen werden kann. Nur wenn durch technische Maßnahmen die Erkennbarkeit von Personen ausgeschlossen ist, etwa durch die Einstellung der Bildauflösung, fehlt es an der Erhebung von [[personenbezogene Daten|personenbezogenen Daten]].
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Auf Bild- und Videoaufnahmen durch Polizeibehörden und Nachrichtendienste ist {{bdsg|6b}} nicht anwendbar, da die bereichspezifischen Regelungen vorgehen.  
Auf Bild- und Videoaufnahmen durch Polizeibehörden und Nachrichtendienste ist {{bdsg|6b}} nicht anwendbar, da die bereichspezifischen Regelungen vorgehen.  


==== Hausrechts (Abs. 1 Nr. 2)====
==== Hausrecht (Abs. 1 Nr. 2)====
Die Beobachtung mit optisch-elektronischen Einrichtungen ist nach Nr. 2 zur '''Wahrnehmung des Hausrechts''' zulässig. Auf ihr Hausrecht können sich öffentliche und [[nicht-öffentliche Stellen]] stützen. Es beinhaltet die Befugnis, darüber zu entscheiden, wer bestimmte Gebäude oder ein befriedetes Besitztum betreten und darin verweilen darf. Der Inhaber des Hausrechts ist berechtigt, die zum Schutz des Objekts und der sich darin aufhaltenden Personen sowie die zur Abwehr unbefugten Betretens erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Er kann Störer verweisen und ein Hausverbot aussprechen..
Die Beobachtung mit optisch-elektronischen Einrichtungen ist nach Nr. 2 zur '''Wahrnehmung des Hausrechts''' zulässig. Auf ihr Hausrecht können sich öffentliche und [[nicht-öffentliche Stellen]] stützen. Es beinhaltet die Befugnis, darüber zu entscheiden, wer bestimmte Gebäude oder ein befriedetes Besitztum betreten und darin verweilen darf. Der Inhaber des Hausrechts ist berechtigt, die zum Schutz des Objekts und der sich darin aufhaltenden Personen sowie die zur Abwehr unbefugten Betretens erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Er kann Störer verweisen und ein Hausverbot aussprechen..


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Das berechtigte Interesse erstreckt sich auch darauf, '''Ansprüche''' wegen verletzter Rechte verfolgen und ggf. '''Strafanzeige''' erstatten zu können.  
Das berechtigte Interesse erstreckt sich auch darauf, '''Ansprüche''' wegen verletzter Rechte verfolgen und ggf. '''Strafanzeige''' erstatten zu können.  


Das Gesetz kennt nur '''Zwecke''' an, die vorab konkret festgelegt worden sind. Allgemeine Umschreibungen, wie „zur Gefahrenabwehr“ oder „zur Verfolgung von Straftaten“ reichen dazu nicht aus. Die Zweckbestimmung ist im [[Verfahrensverzeichnisse und Meldepflichten|Verzeichnis]] nach {{bdsgl|4e}} zu dokumentieren. Ein Abgehen vom festgelegten Zweck ist nach Abs. 3 Satz 2 nur unter engen Voraussetzungen zulässig.
Das Gesetz kennt nur '''Zwecke''' an, die vorab konkret festgelegt worden sind. Allgemeine Umschreibungen, wie „zur Gefahrenabwehr“ oder „zur Verfolgung von Straftaten“ reichen dazu nicht aus. Die Zweckbestimmung ist im [[Verfahrensverzeichnisse und Meldepflichten|Verzeichnis]] nach {{bdsgl|4e}} zu dokumentieren. Ein Abgehen vom festgelegten Zweck ist nach Abs. 3 Satz 2 nur unter engen Voraussetzungen zulässig.
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Kritisch zu sehen sind insoweit aufgrund ihres Zwangscharakters insbesondere flächendeckende und permanente Überwachungssysteme. Die '''permanente und lückenlose Überwachung''' eines bestimmten Raumes, der sich eine betroffene Person nicht entziehen kann, stellt einen weiter reichenden Eingriff dar, als eine nur zeitweise Beobachtung, die nur Teilbereiche des Raumes erfasst. Dies ist beispielsweise bei der Videoüberwachung öffentlicher Verkehrsmittel relevant, da die Fahrgäste in der Regel auf deren Nutzung angewiesen sind und nur bedingt auf andere Verkehrsmittel ausweichen können. Sind keine überwachungsfreien Zonen vorgesehen, bestehen regelmäßig Anhaltspunkte für ein Überwiegen schutzwürdiger Interessen der betroffenen Personen. Derartige Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung können allenfalls zum Schutz von Rechtsgütern erheblichen Gewichts (z.B. Schutz vor Gewalt gegen Personen) und bei Vorliegen einer besonderen Gefährdungslage gerechtfertigt sein. Die Videoüberwachung muss sich demzufolge auf bestimmte Linien oder Verkehrsmittel beschränken. Eine flächendeckende Überwachung des gesamten Verkehrsnetzes wäre unverhältnismäßig. Vergleichbare Erwägungen sind auch bei der Überwachung von Bahnhöfen anzustellen, soweit davon alle Ein- und Ausgänge, Bahnsteige sowie die Schließfachbereiche erfasst werden und damit eine unbeobachtete Nutzung praktisch nicht mehr möglich ist.
Kritisch zu sehen sind insoweit aufgrund ihres Zwangscharakters insbesondere flächendeckende und permanente Überwachungssysteme. Die '''permanente und lückenlose Überwachung''' eines bestimmten Raumes, der sich eine betroffene Person nicht entziehen kann, stellt einen weiter reichenden Eingriff dar, als eine nur zeitweise Beobachtung, die nur Teilbereiche des Raumes erfasst. Dies ist beispielsweise bei der Videoüberwachung öffentlicher Verkehrsmittel relevant, da die Fahrgäste in der Regel auf deren Nutzung angewiesen sind und nur bedingt auf andere Verkehrsmittel ausweichen können. Sind keine überwachungsfreien Zonen vorgesehen, bestehen regelmäßig Anhaltspunkte für ein Überwiegen schutzwürdiger Interessen der betroffenen Personen. Derartige Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung können allenfalls zum Schutz von Rechtsgütern erheblichen Gewichts (z.B. Schutz vor Gewalt gegen Personen) und bei Vorliegen einer besonderen Gefährdungslage gerechtfertigt sein. Die Videoüberwachung muss sich demzufolge auf bestimmte Linien oder Verkehrsmittel beschränken. Eine flächendeckende Überwachung des gesamten Verkehrsnetzes wäre unverhältnismäßig. Vergleichbare Erwägungen sind auch bei der Überwachung von Bahnhöfen anzustellen, soweit davon alle Ein- und Ausgänge, Bahnsteige sowie die Schließfachbereiche erfasst werden und damit eine unbeobachtete Nutzung praktisch nicht mehr möglich ist.


Bei '''Zugangswegen und Eingängen zu Wohngebäuden''' bestehen gegenüber einer Dauerkontrolle regelmäßig Anhaltspunkte dafür, dass schutzwürdige Interessen der Hausbewohner überwiegen. Sie können der Kontrolle nicht entgehen und müssen hinnehmen, dass wesentliche Elemente ihrer privaten Lebensführung erfasst werden.
Bei '''Zugangswegen und Eingängen zu Wohngebäuden''' bestehen gegenüber einer Dauerkontrolle regelmäßig Anhaltspunkte dafür, dass schutzwürdige Interessen der Hausbewohner überwiegen. Sie können der Kontrolle nicht entgehen und müssen hinnehmen, dass wesentliche Elemente ihrer privaten Lebensführung erfasst werden.
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Schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen überwiegen weiterhin regelmäßig, wenn besondere (sensitive) Daten nach {{bdsgl|3|9||}} (z.B. Religionszugehörigkeit, Gesundheitsdaten) gewonnen oder Einblicke in die Privat- oder Intimsphäre genommen werden. Eine Überwachung von Toiletten, Umkleidekabinen, Duschen oder Saunen sowie von ärztlichen Behandlungsräumen scheidet damit aus. Eine permanente Überwachung einer Person mit einer mobilen Kamera wird durch {{bdsg|6b}} nicht erlaubt, ebenso wenig wie eine Maßnahme mit dem Zweck, ein Bewegungs- oder Verhaltensprofil einer Personen zu erstellen.  
Schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen überwiegen weiterhin regelmäßig, wenn besondere (sensitive) Daten nach {{bdsgl|3|9||}} (z.B. Religionszugehörigkeit, Gesundheitsdaten) gewonnen oder Einblicke in die Privat- oder Intimsphäre genommen werden. Eine Überwachung von Toiletten, Umkleidekabinen, Duschen oder Saunen sowie von ärztlichen Behandlungsräumen scheidet damit aus. Eine permanente Überwachung einer Person mit einer mobilen Kamera wird durch {{bdsg|6b}} nicht erlaubt, ebenso wenig wie eine Maßnahme mit dem Zweck, ein Bewegungs- oder Verhaltensprofil einer Personen zu erstellen.  
 
 
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