BDSG a.F. Kommentare und Erläuterungen

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Version vom 27. Mai 2018, 17:14 Uhr von Teclador (Diskussion | Beiträge) (Anpassung alte Fassung)
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§ 3 Weitere Begriffsbestimmungen

Absatz 1 Text

(1) Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener).

Betroffener

Die bestimmte oder bestimmbare natürliche Person, über deren persönliche oder sachliche Verhältnisse die Einzelangaben etwas aussagen – also die Bezugsperson der personenbezogenen Daten –, wird vom Gesetz kurz als „Betroffener“ bezeichnet. Die gleiche Beziehung zwischen Daten und Personen meint das Gesetz, wenn es von „zu seiner (des Betroffenen) Person gespeicherten Daten“ spricht.

Abgrenzung bei Bezug zu mehreren Personen

Stehen Daten in Beziehung zu mehreren Personen, so stellt sich die Frage, wer von ihnen Betroffener ist. Das gleiche Abgrenzungsproblem taucht auf, wenn Angaben sowohl mit einer natürlichen Person als auch mit einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft zu tun haben. Grundsätzlich ist von einer exklusiven Zuordnung auszugehen. Daten einer Person A werden nicht dadurch zugleich Daten anderer Personen, dass diese objektiv zu A in einer familiären, beruflichen oder sonstigen Beziehung stehen. Werden solche Personen, zu denen eine Beziehung besteht, im Verarbeitungs- und Nutzungskontext der verantwortlichen Stelle weder namentlich benannt noch sonst berücksichtigt, so sind sie nicht als Betroffene anzusehen und haben daher keine Datenschutzrechte in Bezug auf die verarbeiteten Daten. Eine Möglichkeit aus den Daten zu A auch Rückschlüsse auf die Beziehungspersonen zu ziehen, mag bestehen, ist aber der verantwortlichen Stellen nicht zuzurechnen.


Es verbleiben die Fälle, bei welchen Angaben verarbeitet werden, die mehrere Personen betreffen, die entweder im Verarbeitungsverfahren bestimmt (identifiziert) sind oder auf deren Person sich die Nutzung bezieht. Verschiedene Fallgruppen sind zu unterscheiden.


a) Handelt es sich um Angaben über familiäre, geschäftliche und sonstige Beziehungen zwischen Personen, so gehören zu den personenbezogenen Daten dieser Personen

  • die ausschließlich sie selbst betreffenden Angaben und
  • die Angabe, dass eine Beziehung einer bestimmten Art besteht und
  • die zur Identifizierung der Beziehungsperson notwendigen Angaben.

Z.B. Franz Müller ist Bruder von Hans Müller. Die Angabe der Beziehung von Franz Müller ist also, dass er einen Bruder hat. Ruft Franz seinen Bruder an, so fallen die zur Identifizierung der Beziehungsperson Hans notwendigen Angaben an: Name, Telefonnummer und Anschrift.


Telefonverbindungsdaten haben für beide Kommunikationspartner den Charakter personenbezogener Daten. Sollten weitergehende Daten der Beziehungsperson gespeichert sein, so betreffen sie nur diese Person, soweit sie nicht auch gegenüber der anderen Person genutzt werden. So kann der Beruf des Bruders eine Angabe zu seinen persönlichen und sachlichen Verhältnissen sein, die nicht mit Franz und der Beziehung zu ihm in Verbindung stehen, ebenso das Kfz-Kennzeichen.


Anders ist es bei der Verarbeitung von Angaben, die auch die eigenen Verhältnisse betreffen - etwa bei Religionszugehörigkeit oder Einkünften. Wegen ihrer steuerlichen oder sozialrechtlichen Relevanz betreffen sie (auch) die eigenen Verhältnisse des Steuerpflichtigen oder Sozialleistungsberechtigten.

Angaben über die Art einer Beziehung und die Bezeichnung der Beziehungsperson haben von vornherein einen doppelten Personenbezug und daher ist jeder Beteiligte als Betroffener anzusehen. Keinen Unterschied macht es, wenn einer der Beteiligten eine juristische Person oder eine Personengesellschaft ist. Kennzeichnen Angaben die Beziehung der natürlichen Person zur juristischen Person oder Personengesellschaft, so sind diese Angaben personenbezogene Daten. Werden die Angaben zu den Verhältnissen der juristischen Person nicht mit Blick auf die natürliche Person verarbeitet, so sind sie auch keine Daten der natürlichen Person.

  • Zu den Angaben über ein Unternehmen (Firma, Adresse, Rechtsform, Anzahl der Beschäftigten, Jahresumsatz, Produkte usw.) werden auch die Namen und Funktionen der Vorstandsmitglieder (oder Geschäftsführer, Prokuristen, Betriebsräte, sonstigen Unternehmensangehörigen) gespeichert; zu den personenbezogenen Daten der Unternehmensangehörigen gehören Zugehörigkeit zum Unternehmen und Funktion, von den unternehmensbezogenen Daten aber nur Firma und Adresse.
  • Angaben über die Art der Beteiligung an einer Gesellschaft, die Höhe der Einlage, über Verbindlichkeiten usw. sind personenbezogene Angaben des Gesellschafters.
  • Angaben über Verhältnisse einer Personengesellschaft (BGB-Gesellschaft, OHG, KG) sind als solche keine personenbezogenen Daten; die Gesellschaft hat keine Rechte nach dem BDSG. Angaben über eine Personengesellschaft beziehen sich regelmäßig zugleich auf die Verhältnisse der einzelnen Gesellschafter und sind daher bei natürlichen Personen
  • Daten einer Kapitalgesellschaft sind auch nicht deshalb zugleich Daten eines Gesellschafters, weil es sich um eine Ein-Mann-GmbH handelt.
  • Bei einem Einzelkaufmann ist die Firma ist nur ein anderer Name der Person. Zur Firma gespeicherte Angaben sind daher stets Daten zur Person des Inhabers.
  • Genetische Daten beziehen sich auf die gesamte biologische Familie. Das BDSG enthält zu dieser Konstellation keine besonderen Regelungen.


b) Eine zweite Fallgruppe innerhalb der Daten mit Beziehung zu mehreren Personen bilden die Herkunfts- oder Quellenangaben. Zu den personenbezogenen Daten des Informationslieferanten sind die als von ihm geliefert gekennzeichneten Angaben zu rechnen, da sie die von ihm erbrachte Leistung umschreiben..


Die Angaben, die die Person des Informationslieferanten bezeichnen, beziehen sich auch auf den von der Sachaussage Betroffenen, wenn sie eine Beurteilung oder Bewertung der Richtigkeit, Zuverlässigkeit oder Genauigkeit der Information, erlauben.. Darüber hinaus kann die Quellenangabe die inhaltliche Aussage implizieren, dass der Lieferant in Bezug auf die Person des Betroffenen tätig geworden ist.

Auch Angaben über Datenempfänger, die in Zusammenhang mit den Daten eines Betroffenen erfasst sind, gehören zu den personenbezogenen Daten des Betroffenen. Sie beinhalten, dass die verantwortliche Stelle ihm gegenüber tätig geworden ist, indem sie den Empfänger über seine Verhältnisse informiert hat.

Angaben über die Person dessen, der als verantwortliche Stelle oder als deren Beschäftigter personenbezogene Daten gespeichert oder sonst verarbeitet hat (Dateiführer- oder Protokollantendaten, Verarbeitungs- und Verwendungsprotokolle) gehören nicht zu den Angaben des Betroffenen.

Planungs- und Prognosedaten sind in der Regel personenbezogene Daten. Dies ist nicht der Fall, wenn sie sich in der Kennzeichnung der Intention der verantwortlichen Stelle erschöpfen, jedoch über die Verhältnisse der Person keinen Aufschluss geben.

Aussagen einer Person über eine andere sind grundsätzlich für beide Beteiligten personenbezogene Daten, so z.B. ärztliche Notizen, Arbeitnehmer-Beurteilungen oder psychologische Gutachten. Ausgenommen sind Aussagen ohne objektbezogene Informationsfunktion, wie etwa die Antwort in einer Umfrage zur Einschätzung eines Politikers. Der gesetzliche Vertreter ist nicht auch selbst Betroffener; er kann die Datenschutzrechte des Vertretenen nur im Rahmen seiner Vertretungsmacht als fremde Rechte geltend machen.

Abgrenzung bei Personen- und Sachbezug

Unter Sachdaten sind Angaben zu verstehen, die sich auf einen Sachverhalt oder ein Ereignis der Außenwelt, jedoch nicht unmittelbar auf eine natürliche Person beziehen. Der Begriff taucht im BDSG nicht auf, ist aber nützlich als zur Abgrenzung gegenüber den „personenbezogenen Daten“. Etwa:

  • das X-Stadium hat 50.000 Sitzplätze
  • am 24. Februar war in Y ein Kälterekord
  • das Gebäude Bahnhofstraße 14 ist baufällig.

Dienen Sachangaben in einem Verarbeitungsverfahren der Beschreibung der (sachlichen) Verhältnisse einer natürlichen Person, sind sie als deren personenbezogene Daten einzustufen. So z.B. die (jeweiligen) Kfz-Daten bei der Zulassungsstelle und bei der Stelle, die betriebliche Parkausweise ausgibt, und Angaben über Grundstücke im Rahmen einer Vermögensaufstellungen.


Werden Sachdaten ohne Verknüpfung mit Daten verarbeitet, die der Identifikation von Personen dienen, so sind sie grundsätzlich nicht als personenbezogene Daten anzusehen. Der Grund liegt darin, dass eine exklusive Zuordnung zu einer Einzelperson, wie das informationelle Selbstbestimmungsrecht voraussetzt, bei Sachdaten typischerweise nicht besteht. Sachen stehen vielmehr in Beziehung zu vielen Personen und verändern sich im Zeitablauf. Bei ihrem vollen Einbezug in den Anwendungsbereich des BDSG wäre dieses nicht mehr praktikabel, weil meist die Rechte mehrerer oder vieler Berechtigter zu beachten wären. Isoliert verarbeitete Sachdaten sind somit keine personenbezogenen Daten.


Das BDSG und die Richtlinie 95/46/EG (EU-Datenschutzrichtlinie) thematisieren dieses Abgrenzungsproblem nicht. Höchstrichterliche Entscheidungen stehen noch aus. Im Schrifttum und in der Praxis werden unterschiedliche Positionen eingenommen. So werden etwa Straßenfrontfotos, da sie über Adressangaben - ob mitgespeichert oder nicht - relativ leicht mit Bewohnern und Eigentümern von Häusern in Verbindung gebracht werden können. Teils wird ein personenbezogenes Datum hier nur dann angenommen, wenn Daten oder Bilder wegen ihrer Aussagekraft über die Individualität einer natürlichen Person eine gewisse persönlichkeitsrechtliche Relevanz haben oder eine atypische Abweichung vom allgemeinen Charakter des Wohngebiets vorliegt, die sich auf Eigentümer oder Bewohner auswirkt. Weiterhin wird vertreten, dass der Personenbezug an Hand einer Gefährdungsanalyse der erwartbaren Auswirkungen auf die Persönlichkeitsrechte Einzelner abzustellen sei.


Geodaten sind digitale Informationen, deren räumliche Lage auf der Erdoberfläche ausgewiesen ist (Lokalisierungsdaten, etwa GPS-Koordinaten) sowie raumbezogene beschreibende oder abbildende Daten. Dazu gehören etwa Angaben zu Bebauung, Nutzung, Klima, Topographie, Versorgung mit öffentlichen Einrichtungen, statistische Angaben zum Bevölkerungsaufbau, sozio-ökonomische Kennziffern, Luftaufnahmen, Straßenfrontbilder (Geofachinformationen). Raumbezogene Informationen können zwar auch in vielfältigen Beziehungen zu zahlreichen Personen gesehen werden.

Die Erdoberfläche, ihr öffentlich zugängliches Aussehen und die einzelnen Bereichen zugewiesenen physikalischen oder sozio-ökonomischen Kennwerte sind typische soziale Gegebenheiten und daher nicht als personenbezogen einzustufen. Auch Geodaten erhalten jedoch Personenbezug, wenn sie im Kontext mit Angelegenheiten bestimmter einzelner Personen verarbeitet werden, etwa im Zusammenhang mit steuerlichen oder umweltrechtlichen Angelegenheiten des Grundstückseigentümers, mit Grundstücksverträgen oder Baumaßnahmen. Auch wenn Geodaten zur Beurteilung von Personen herangezogen werden, etwa bei Personal- oder Bonitätsbeurteilungen („Geoscoring“), wird dadurch ein Personenbezug hergestellt.


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Online-Kommentare

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Bundesdatenschutzgesetz


Dieser Text wurde aus dem Datenschutz-Wiki der BfDI übernommen. Bearbeitungen vor dem 16.April 2016 stehen unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland.