Vorratsdatenspeicherung: Unterschied zwischen den Versionen

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Verfahren vor dem EuGH
(Korrektur der persönlichen Zuordnung des Amtes BfDI)
(Verfahren vor dem EuGH)
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[http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:72006L0024:DE:NOT Übersicht der einzelstaatlichen Durchführungsmaßnahmen]
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====Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH)====
Dem EuGH wurden im Jahr 2012 zwei Anträge auf Vorabentscheidung zur Gültigkeit der {{eur|vds|de|Richtlinie 2006/24/EG}} vorgelegt: das Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Ireland, Rechtssache C-293/12 [http://curia.europa.eu/juris/documents.jsf?pro=&lgrec=de&nat=or&oqp=&lg=&dates=&language=de&num=C-293/12&td=ALL&pcs=Oor&avg=&page=1&mat=or&jge=&for=&cid=214540], und das Vorabentscheidungsersuchen des Verfassungsgerichtshofs Österreich, Rechtssache C-594/12 [http://curia.europa.eu/juris/documents.jsf?pro=&lgrec=de&nat=or&oqp=&lg=&dates=&language=de&num=C-594/12&td=ALL&pcs=Oor&avg=&page=1&mat=or&jge=&for=&cid=214625].
Generalanwalt Cruz Villalón hat in seinen Schlussanträgen vom 12. Dezember 2013 [http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=145562&pageIndex=0&doclang=de&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=820548] die Richtlinie für nicht mit der Charta der Grundrechte der EU [http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32000X1218(01):DE:HTML] vereinbar erklärt. Er hat angeregt, die Ungültigkeit der Richtlinie nicht mit sofortiger Wirkung festzustellen, sondern dem Unionsgesetzgeber eine angemessene Frist zu ihrer Korrektur einzuräumen.
Das Verdikt betrifft nicht einzelne Regelungen, sondern die Richtlinie als Ganzes. Sie entspreche nicht dem in der Charta der Grundrechte verankerten Erfordernis, dass jede Einschränkung der Ausübung eines Grundrechts gesetzlich vorgesehen sein muss. Die Richtlinie stelle einen qualifizierten Eingriff in das Grundrecht der Bürger auf Achtung des Privatlebens dar, weil sie die Anbieter telefonischer oder elektronischer Kommunikationsdienste zur Erhebung und Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten verpflichte.
Die Auswertung dieser Daten könne es ermöglichen, eine ebenso zuverlässige wie erschöpfende Kartografie eines erheblichen Teils der Verhaltensweisen einer Person, die allein ihr Privatleben beträfen, oder gar ein komplettes und genaues Abbild der privaten Identität dieser Person zu erstellen. Im Übrigen bestehe ein erhöhtes Risiko, dass die auf Vorrat gespeicherten Daten zu rechtswidrigen, potenziell die Privatsphäre verletzenden oder - allgemeiner - zu betrügerischen oder gar heimtückischen Zwecken verwendet würden. Die Daten würden nämlich nicht unter behördlicher Obhut, sondern von den Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste gespeichert. Eine Speicherung im Ausland oder an unbestimmten Orten im virtuellen Raum sei nicht ausgeschlossen.
Angesichts dieses qualifizierten Eingriffs hätten in der Richtlinie zunächst die Grundprinzipien definiert werden müssen, die für die Festlegung der Mindestgarantien im Rahmen des Zugangs zu den erhobenen und auf Vorrat gespeicherten Daten und ihrer Auswertung gelten sollten. Dazu gehörten etwa
* die präzise Festlegung der Straftatbestände, die den Zugang der zuständigen nationalen Behörden zu den erhobenen Daten rechtfertigen können (nicht nur die Angabe "schwere Straftaten"),
* Vorgaben in Bezug auf die zugangsberechtigten Behörden bzw. eine Einzelfallprüfung von Zugangsanträgen durch unabhängige Stellen,
* Ausnahmen vom Zugang oder verschärfte Zugangsbedingungen unter bestimmten außergewöhnlichen Umständen,
* Vorkehrungen zum Schutz von Grundrechten, wie etwa im Kontext der ärztlichen Schweigepflicht,
* die Anordnung einer Löschungspflicht bei nicht mehr benötigt Daten und
* eine Verpflichtung, die Betroffenen über den erfolgten Zugang zumindest nachträglich zu informieren, sobald die behördliche Maßnahme dadurch nicht mehr gefährdet werde.
Der Unionsgesetzgeber müsse, wenn er einen Rechtsakt mit qualifizierten Eingriffen in die Grundrechte der Unionsbürger erlasse, seinen Teil der Verantwortung übernehmen. Gerade diese Festlegung ermögliche es, die konkrete Tragweite dieses Eingriffs zu beurteilen, und könne deshalb ausschlaggebend dafür sein, ob er verfassungsrechtlich tragbar sei.
Diese Beurteilung entspricht in der Sache dem Ansatz des Bundesverfassungsgerichts, das wiederholt Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als unverhältnismäßig - und damit verfassungswidrig - qualifiziert hat, weil der Gesetzgeber es versäumte, flankierende Maßnahmen zur Milderung der Eingriffe vorzusehen.
Generalanwalt Cruz Villalón sieht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dadurch als verletzt an, dass die Richtlinie den Mitgliedstaaten vorschreibt, eine Speicherung der die Daten für die Dauer von bis zu zwei Jahren auf Vorrat sicherzustellen. Eine Rechtfertigung für eine so lange Dauer fehle.


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